Berlin – Am Puls der Zeit

„Berlin ist mehr ein Weltteil als eine Stadt.“ So schrieb es schon der Dichter Jean Paul vor mehr als 200 Jahren. Denn die Metropole an der Spree mit einem Satz zu beschreiben, ihre Geschichte, ihre Menschen und ihr Lebensgefühl zu erfassen – das scheint geradezu unmöglich. Was ist nicht über die deutsche Hauptstadt schon alles geschrieben, gesungen oder verfilmt worden. Nur in einem sind sich wohl alle einig: Berlin ist eine Reise wert.

Brandenburger Tor und Alexanderplatz, Fernsehturm und Siegessäule, Kudamm und Gedächtniskirche, Mauerreste und Checkpoint Charlie: Berlin kann mit seinen weithin bekannten Wahrzeichen mehr als nur einen Reiseführer füllen. Allein der Reichstag mit dem deutschen Parlament zählt mit rund drei Millionen Besuchern zu den meistfrequentierten Sehenswürdigkeiten weltweit. Umso wichtiger ist es da, sich auf einen kompetenten Stadtführer verlassen zu können: Das ist nicht nur nützlich, um sich nicht zwischen den mehr als 2700 Betonstelen des Holocaust-Mahnmals zu verlaufen, sondern auch, um die weniger bekannten Ecken der Metropole zu entdecken. So versetzt zum Beispiel das DDR-Museum direkt an der Spree seine Besucher mit einem guten Schuss „Ostalgie“ zurück in die Tage vor dem Mauerfall, als noch der Trabi das Non-plus-Ultra der Fortbewegung war. An jene Zeit erinnert heute nur noch wenig: Wo früher die Mauer die Stadt in Ost und West zerschnitt, steht heute ein 1,3 Kilometer langes Kunstwerk. Zahlreiche Künstler haben die verbliebenen Mauerstücke als Leinwand genutzt und kreativ in Szene gesetzt, was so lange ganze Leben getrennt und über Schicksale entschieden hat. Wer noch weiter in die Vergangenheit gehen will, sollte sich in Prenzlauer Berg umschauen: Hier gewährt das Wohnungsmuseum in der Dunckerstraße 77 Einblicke in eine Berliner Arbeiterwohnung um das Jahr 1900, und das mit sehr persönlicher Note, vom Nachttopf bis zu den Schuhen unter dem Bett.

Wer genug Taschengeld zum Einkaufen in der Börse hat, braucht in Berlin nicht lange zu suchen: Neben dem KaDeWe als größtem Kaufhaus Europas ist die Stadt zum Bersten gefüllt mit Boutiquen, kleinen Designershops und wilden Second-Hand-Läden, zum Beispiel entlang der immer beliebter werdenden Wetinmeisterstraße. Ein ausgefallenes Kleidungsstück oder ein extravagantes Accessoire lassen sich wohl nirgends so schnell finden in Berlin. Ungewöhnliche Literatur findet der Bücherfan zum Beispiel in Berlin Mitte: Bei „Do you read me?!“ lässt es sich in Büchern und Magazinen aus über 20 Ländern rund um Kultur, Mode und Architektur vortrefflich schmökern.

Aber auch ohne festes Ziel lohnt sich ein Streifzug durch die Stadt: Die Berliner mit ihrer sprichwörtlichen „Schnauze“ stehen nicht umsonst im Ruf, hart aber herzlich zu sein. „Berlin hält nicht still, aber einiges aus“, sagt der Volksmund, und auch der ungewöhnlichste Mensch kann zwischen Zehlendorf, Pankow und Köpenik noch jemanden finden, der noch verrückter ist als er selbst. Kreuzberg, Prenzlauer Berg oder Friedrichshain? Welcher Stadtteil bunter ist, wo mehr Nachtleben tobt oder es „szeniger“ zugeht, darüber kann man sich streiten. Fest steht, dass Berlin mehr Dönerläden hat als Istanbul. Verhungern wird bei seinem Streifzug durch die Stadt also niemand.

Etwas gediegener als in der wuseligen Bundeshauptstadt geht es da schon in Potsdam zu: Die brandenburgische Landeshauptstadt direkt vor den Toren Berlins trumpft mit bemerkenswerter Sehenswürdigkeitendichte auf vergleichsweise kleinem Raum auf. Von der als „Bridge of Spies“ aus dem kalten Krieg bekannten Glienicker Brücke bis zur Heilandskirche, durch die einst die innerdeutsche Grenze verlief, die edle Wohngegend am Heiligen See mit den Domizilen von Günther Jauch und Wolfgang Joop bis zum Marmorpalais und natürlich dem weltberühmten Schloss Sanssouci – hier findet der Reisende viel mehr auf einem Platz, als sich bei einem einzigen Besuch bestaunen lässt. Sogar für Fans des sanften Nervenkitzels ist gesorgt: Ein bisschen Gänsehaut beschleicht den Besucher mitunter im „Militärstädtchen Nr. 7“. Hier unterhielt der sowjetische Geheimdienst KGB über 40 Jahre lang die Deutschlandzentrale der Militärspionageabwehr. Im Untersuchungsgefängnis Leistikowstraße haben bis zur Auflösung des KGB tausende Menschen eingesessen. Heute führt ein Geschichtspfad über das Gelände, der an 14 Punkten Einblicke in die Geschichte der Baurelikte gewährt.

Zurück in Berlin bleibt vor allem eine Erkenntnis: Dass die Stadt wechselvolle Geschichte, hohe Politik und bunte Kultur vereint, ist längst kein Geheimnis mehr. „Metropole deutscher Intelligenz“, so nannte schon der Dramatiker Friedrich Hebbel die Stadt an der Spree und setzte hinzu: „Wie sich doch die Zeiten geändert haben – jetzt, wo’s wieder Regierungssitz ist!“

 

Ein ziemlich aktueller Satz, möchte man meinen. Allerdings hat er schon ein paar Jahre auf dem Buckel: Er stammt aus dem Jahr 1851.

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